Gestalten statt manipulieren - wo Gespräche kippen können
Darum geht’s …
In unserer neuen Podcastfolge „Gespräche manipulieren versus gestalten“ spreche ich mit Karin Landolt über die feine Linie zwischen Einfluss nehmen und Raum geben. Wo endet Verantwortung – und wo beginnt Kontrolle? In diesem Beitrag geht es darum, was in Gesprächen geschieht, wenn unsere Absicht unbewusst wird – und wie wir sie wieder bewusst gestalten können.
Wenn Einfluss zur Einladung wird
Manchmal spüre ich es erst im Nachhinein:
Ein Gespräch, das gut begann, bekommt plötzlich eine Schieflage. Ich höre mir selbst zu und merke, dass ich das Gegenüber in eine Richtung schieben will. Ganz subtil. Nur ein kleiner Satz, ein fragender Blick, ein „meinst du nicht auch, dass …?“ – und schon verändert sich die Dynamik.
Solche Fragen können das Gespräch lenken – und das ist nicht per se schlecht. Wenn ich offen bleibe für jede Antwort, wenn ich nicht am Ergebnis hänge, dann erleben wir gemeinsam eine Bewegung, einen Prozess.
Aber wenn ich insgeheim möchte, dass mein Gegenüber zustimmt und daran hafte, dann kippt das Lenken ins Manipulative. Dann geht es nicht mehr ums Erkunden, sondern ums bestätigt werden.
Ein Moment, der mir zu denken gab
Ich erinnere mich an ein Gespräch in einer kleinen Arbeitsgruppe. Wir sprachen über ein neues Projekt, und jemand brachte eine Idee ein, die auf den ersten Blick unpraktisch schien. Ich wollte das Treffen effizient halten und reagierte: „Das wird schwierig umzusetzen.“ In Wahrheit war ich gar nicht offen. Ich wollte das Gespräch steuern.
Erst später wurde mir klar, dass in dieser Idee etwas Wertvolles steckte – etwas, das wir übersehen hätten, wenn niemand mehr den Mut gehabt hätte, sie zu erwähnen. In diesem Moment war mein Bedürfnis nach Ordnung größer als meine Bereitschaft zuzuhören.
Und genau da beginnt Manipulation.
Gestalten heisst offenhalten
Im Podcast sagen wir: „Gestalten heisst, den Raum offen halten – Manipulation heisst, ihn verengen.“
Wenn ich ein Gespräch gestalte, achte ich auf den Rahmen, damit es überhaupt stattfinden kann: Ich höre zu, ich halte inne, ich gebe Struktur, wo sie gebraucht wird. Wenn ich manipuliere, entscheide ich unbewusst, was „richtig“ ist – und versuche, den anderen dorthin zu bringen.
Beides geschieht nicht durch böse Absicht, sondern oft aus Unsicherheit oder Angst: die Angst, dass das Gespräch unklar endet, dass ich mich verliere oder dass Unterschiedlichkeit zu groß wird.
Zwischen Sicherheit und Offenheit
Vielleicht ist es genau diese Unsicherheit, die uns in Gesprächen so leicht in alte Muster fallen lässt. Wir wollen verstanden werden, aber wir vergessen, selbst zu verstehen. Wir wollen Klarheit schaffen, aber wir verlieren dabei die Offenheit. Und so kippt ein Gespräch – ganz leise – vom Gestalten ins Manipulieren.
Wenn ich das erkenne, halte ich inne. Ich spüre den Impuls, etwas „zurechtrücken“ zu wollen – und frage mich: Kann ich aushalten, dass ich nicht weiss, wohin dieses Gespräch führt? Oft entsteht genau dann das, was ich nicht planen kann: Verbindung.
Schlussgedanke
Gespräche werden nicht manipulativ, weil wir Einfluss nehmen – sondern dann, wenn wir vergessen, wofür wir Einfluss nehmen. Geht es mir darum, wirklich zu verstehen – oder darum, recht zu behalten? Geht es mir darum, Verbindung zu ermöglichen – oder meine Sicht zu sichern?
Gestalten heisst, Verantwortung zu übernehmen, ohne den Verlauf zu kontrollieren. Es heisst, wach zu bleiben für das, was zwischen uns geschieht, und die eigene Absicht immer wieder zu prüfen:
Dient sie dem Gespräch – oder mir selbst?
Wenn dich das Thema berührt, hör gerne in unsere neue Podcastfolge „Gespräche manipulieren versus gestalten“ hinein.
👉 DenkSeiDank – Folge 20 anhören
Weiterdenken und erleben
Wenn du tiefer eintauchen möchtest in die Kunst, Gespräche bewusst zu gestalten,
lade ich dich herzlich zu meinem Präsenzseminar ein:
„Wenn du zuhörst, kann ich anders denken“ – 11.–14. Februar 2026 in Götzis
Drei Tage, in denen du erlebst, wie Gespräche sich wandeln, wenn niemand unterbricht – und wie daraus Klarheit, Selbstvertrauen und echte Verbindung entstehen.